Presseschau

Montag, 20. November 2023 Fläming-Echo Kampf gegen Alkohol und Drogen

Montag, 20. November 2023 Fläming-Echo
Kampf gegen Alkohol und Drogen
Von Bärbel Kraemer
In der Wabe-Suchthilfe in Medewitzerhütten
finden Frauen und Männer Unterstützung,
um ein Leben ohne Alkohol, Drogen und
Spielsucht meistern zu können.

Medewitzerhütten. Vom Jagdschloss über ein
Ferienheim zur Stätte für Suchtabhängige:
Das Schlösschen in Medewitzerhütten hat
schon manches erlebt.

Seit 1992 hat die Wabe dort ihr Domizil
– eine sozialtherapeutische Einrichtung
für Suchtkranke. Menschen wie Friedrich,
der seit zwei Jahren an seiner eigenen
Wabe werkelt - einem Nachbau des Jagdschlosses.
Friedrich heißt anders und möchte seinen
Namen nicht veröffentlichen.
Er ist schwerstalkoholabhängig und kam
aus Berlin nach Medewitzerhütten

2018 zum ersten Mal. „Etwas zu tun zu
haben, ist das Wichtigste“, sagt der
61-Jährige und erzählt von seinen Aufgaben
in der Küche und im Holzbereich.
In beiden Bereichen arbeitet er gern,
am Holzbereich aber hängt sein Herz.
Auf dem Weg dorthin schiebt er hinterher,
dass er von Medewitzerhütten nicht mehr
weg will.
„Das hier, das ist meine Burg“, versucht
er zu erklären.
Eine Burg, die ihm auch durch die Lage
mitten im Wald Schutz und Sicherheit gibt.
Dann erzählt Friedrich aus seinen Leben.
Von der Arbeit im Schaustellerbereich,
wo immer viel los war, von seiner
Scheidung und davon, wie sich seine Kinder
von ihm abwandten.
Er war in einem Kinderheim aufgewachsen,
seine Mutter war alkoholabhängig.
Zweimal hat Friedrich die
Suchthilfeeinrichtung bereits verlassen
können.
Einmal zog er in die ambulante Betreuung
der Wabe, das nächste Mal in eine eigene
Wohnung.
Beide Male schaffte er es nicht.
Er griff wieder zur Flasche.
„Jetzt will ich hier nicht mehr weg“,
sagt der 61-Jährige – angekommen in der
Holzwerkstatt, wo er an seiner Burg baut.
„Das Schwierigste waren die Säulen
mit ihren Rundungen“, sagt er.
Derzeit werkelt er am Mobiliar für
die Terrasse des Jagdschlosses.
Friedrich gehört zu den Klienten, bei
denen die jahrzehntelange Abhängigkeit
von Alkohol und/oder Drogen Spuren
hinterlassen hat und andere Erkrankungen
nach sich zog.

„Diese Gruppe unserer Klienten bleibt
meist jahrzehntelang im Haus“, sagt
Einrichtungsleiterin Laura Model.
Die Altersstruktur der Menschen, die
in der Wabe Hilfe suchen, habe sich in
den 30 Jahren des Bestehens verändert.
Suchten anfangs Alkoholkranke Hilfe,
dominieren heute oft Abhängigkeiten von
verschiedenen Substanzen – von Alkohol
über illegale Drogen bis hin zu
Tabletten.

Die Experten unterscheiden in
stoffgebundene und stoffungebundene
Abhängigkeiten, wozu beispielsweise die
Kauf- und die Mediensucht gehören.
Damit einhergehend sei  das Alter derj-
enigen, die in Abhängigkeiten geraten
sind, gesunken. 26 Menschen können,
jeweils in Einzelzimmern wohnend,
in der Wabe in Medewitzerhütten leben.
Zusätzlich verfügt die Einrichtung über
ambulante Betreuungsmöglichkeiten.

Klienten wie Friedrich, bei denen
die Sucht Folgeerkrankungen nach sich zog,
wohnen meist über Jahrzehnte in der
Einrichtung.

Seit 2019 besteht dieses Angebot.
Das jüngere Klientel der etwa 20- bis
40-Jährigen, bleibt im Durchschnitt etwa
acht Monate im Haus.
Laura Model ergänzt, dass die Aufenthalts-
dauer sich in dieser Gruppe jedoch extrem
unterscheidet – von einem Tag bis
zu vier Jahren. Der Grund: Nicht jeder
kommt mit der Lage des Hauses und der
damit verbundenen Abgeschiedenheit zurecht.
„Mir hilft die Abgeschiedenheit“, sagt
Susanne, die auch anders heißt.
Die 26-Jährige ist drogenabhängig. Mit 14
Jahren nahm sie erstmals Cannabis.
Seit sechs Monaten lebt Susanne in der
Wabe. Hinter ihr liegen zwei abgebrochene
Ausbildungen, eine toxische Beziehung
und mehrere Klinikaufenthalte.
Susanne willihr Leben wieder in den
Griff kriegen. „Ich möchte stufenweise aus
der Wabe laufen“, mit dem Wissen,
Rückendeckung für den Fall des Falles
zu haben. „Die Wabe hier hat mir wieder
Hoffnung gemacht, dass ich es schaffen kann.“

21 Mitarbeiter sind im Jagdschloss
Medewitzerhütten rund um die Uhr für die
Klienten da. Aber auch hier macht sich der
Fachkräftemangel bemerkbar. Dringend gesucht
werden Sozialarbeiter.
Zeit bezeichnet Laura Model als
wichtigsten Fakt, um Abstinenz zu erreichen.
„Jeder abstinente Tag ist ein Tag, der
die Abstinenz länger sicher machen kann“,
sagt die Einrichtungsleiterin.

Wie bei Friedrich und Susanne liegen
hinter den meisten Menschen die in der
Wabe wohnen, mehrere Klinikaufenthalte.
In der Wabe lernen sie, wie das Leben
ohne Drogen in der Praxis funktionieren kann.
Dabei Hilfe zur Selbsthilfe geben, die im
kleinen beginnt und auf den drei Säulen
Ruhe, Tagesstruktur und Gemeinschaft
basiert. Bei den Tätigkeiten in der Küche,
im Gemüsegarten, in der Kreativwerkstatt
oder im Holzbereich lernen die Klienten
damit für die Zeit nach der Wabe. Friedrich
und Susanne bewerten das Angebot der Wabe
mit ihren Wohngruppen und den
strukturierten Tagesabläufen und
Therapieangeboten dabei als hilfreich
und für sich persönlich sogar als Glücksfall.
 

Sozialtherapeutische Einrichtung

Zum Jagdschloss 65
14827 Wiesenburg/Mark
GT Medewitzerhütten  Montags bis Freitags
von 9 bis 15 Uhr
Telefon
Fax
033849 50495
033849 50021
kontakt@wabe-suchthilfe.de

Ambulante Einrichtung

Neuehüttener Straße 8a
14827 Wiesenburg/Mark
 Montags bis Freitags
von 9 bis 14 Uhr
Telefon
Fax
033849 900253
033849 30954
wohnen@wabe-suchthilfe.de